Solche oder ähnliche Aussagen höre ich immer wieder von unseren Gästen.
Wie beispielsweise von Gästen, die uns kürzlich gerade Richtung Heimat verlassen haben: Nennen wir sie Rainer und Angelika, lassen wir sie aus dem fränkischen Raum kommen und erfolgreiche Unternehmer z.B. in der Baubranche sein.
Von Rezession in ihrem Unternehmen keine Spur, die Auftragsbücher sind gefüllt bis Ende 2026. Jede neue Auftragsanfrage wird kritisch geprüft, eruiert, welche Bauherrschaft dahintersteckt, und oftmals, je nach Bauchgefühl und Art der Herausforderung, wird die Anfrage angenommen, abgelehnt oder an einen befreundeten oder bekannten Kollegen weitergeleitet.
Man fährt ein schickes flottes Auto, natürlich, weil man dem Freistaat treu ist und Frau Quandt unterstützen möchte, ein bayerisches Mobil. Nicht das mit den vier Ringen im Logo, sondern das mit der Farbgebung des bayerischen Himmels: weiß und blau.
Ein Modell dieser Marke ist auch in meinem Besitz, jedoch in Form eines Zweirads und ein etwas älterer Jahrgang. Eine R 600, Baujahr 64. Angetrieben mit einem 600 Kubikzentimeter Hubraum und einer Scheibenbremse, bei deren Verzögerung man nur noch schnell ein Vater Unser beten kann, falls ein Landwirt mit einem Fuder Heu die Straße kreuzt. Das Blaulicht, welches dieses Vehikel früher zierte, stammte noch von der Kantonalspolizei in St. Gallen. Nachdem aber der TÜV Bayern meinte, dass dies nicht den Vorgaben entspräche, musste mein Schrauber, der Ücker Toni aus dem Ostrachtal, dieses demontieren ....
Gleichwohl ein Hingucker und Juwel, bewege ich nur ein-, zwei-, vielleicht auch dreimal im Jahr mit Vergnügen dieses Teil. Obwohl ich gestehen muss, dass mir in der Zwischenzeit die Zweirad-zigPS-starken Raser mächtig auf den Sack gehen. Die Motorrad-Generation 2.0, die täglich kopflos den Riedbergpass rauf- und runterrast. Und die nichts mehr mit meiner Passion und meinem geliebten Oldie zu tun hat.
Wenn ich meinen Liebling in seinem Unterstand, einem alten Stadl, besuche und im Licht der alten Funzel Herzklopfen bekomme und meine Liebe wieder neu entdecke, dann weiß ich, dass es höchste Zeit ist: in meine alte Kniebundlederhose zu steigen, Bergschuhe anzuziehen, meinen kultigen Lederkittel überzuschmeißen, den nostalgischen Halbschalenhelm aufzuziehen und mit der Schorsch Maier-Brille mein Gesicht und meine frisch gelaserten Augenlider abzudecken.
In der Hoffnung, dass nach zwei Mal antupfen und gezogenem Schock der Zweizylinder-Boxer anspringt und das Knattern des Motors wie Musik in meinen Ohren erklingt.
Wenn nicht mal ein leises Stottern erklingt, würde ich mich am liebsten sofort wieder entblättern. Wohlwissend, dass die alte Kiste jetzt nur anspringt, wenn ich sie anschiebe. Und da komme selbst ich mit meinem Enthusiasmus bei dem Gedanken ins Schwitzen.
Was hat mein langer Exkurs jetzt eigentlich mit Rainer und Angelika zu tun?
Naja: Weil Rainer wahrscheinlich ein wahrer Gelassenheits- und Glückseligkeitstyp ist und ihn vielleicht eine Art von „Wurschtigkeitsgefühl“ überkommt ganz nach dem Motto „mir ist alles egal“, wenn er die in die Lobby eintritt.
Vielleicht genau auch der Grund, warum er mehrmals im Jahr hier in unserem Kuhdorf (hier haben unsere Kühe auch tatsächlich noch Hörner!) absteigt, um sich dieses „Lust auf Leben“- Glücksgefühl einzuverleiben.
Und wenn er dann da ist, dann kann es tatsächlich sein, dass er stundenlang im Grenzgebiet zwischen dem Bregenzer Wald und dem Allgäu bergauf und bergab wandert und glückselig spätnachmittags wieder „heimkommt“, ins HUBERTUS.
Begegnete den ganzen Tag fast keiner Menschenseele, weil ganz weit weg vom Schuss. Die 80 Millionen Einwohner Deutschlands waren einfach ganz woanders unterwegs.
Rainer macht es richtig: Er genießt die Ruhe und Stille. Ganz egal, ob drinnen oder draußen. Manchmal ist er sogar so weit vom Alltag weg, dass er vergisst, etwas Taschengeld mitzunehmen, um die Brotzeit und das „durschtlöschende“ Helle oder einen Schoppen Wein, natürlich aus der Region, auf irgendeiner Hütte zu bezahlen. Aber der Name HUBERTUS bürgt auf der einen oder anderen Einkehr für Kredit, natürlich mit dem Challenge, am Folgetag, die gleiche Route nochmals zu gehen.
Dann eventuell sogar in Begleitung der Gattin, die sich am vorausgegangenen Wandertag ihres Gatten erst einmal im Spa relaxte, sich eine Gesichtsbehandlung mit Dr. Tweten Emulsionen gönnte und, weil es einfach so verlockend war, noch eine 90 minütige Ayurveda-Behandlung dranhängte. Gerade noch rechtzeitig im Zeitplan, um den wandernden Gatten von seiner Exkursion durch die Balderschwanger Bergwelt zurückkommend gebührend zu begrüßen. Beide völlig relaxt und entspannt, jeder auf seine Art ...
Wenn ich gerade so nachdenke: Ich sollte endlich auch mal wieder meine alte BMW rausbewegen. In unsere traumhafte Natur.
Um diese Glückseligkeit zu spüren.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Ganz nach dem Motto:
„Vier Räder bewegen den Körper, zwei Räder die Seele.“
In diesem Sinne!
Euer Karl